/ Yvonne Vahlensieck

Forscherin für eine nachhaltigere Chemie

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Murielle Delley hat zwar nur noch selten Gelegenheit, selbst Experimente im Labor durchzuführen, aber sie begleitet die Forschung mit Ideen und Diskussionen. (Foto: Christian Flierl)

Katalysatoren beschleunigen chemische Reaktionen und sind essentiell für die Industrie. Aber es gibt Verbesserungspotenzial. Murielle Delley will diese Stoffe effizienter und umweltfreundlicher machen.

Schon als Kind wollte Murielle Delley immer herausfinden, wie etwas funktioniert. Dieser Entdeckerinnengeist führte sie zu einem Chemiestudium an die ETH Zürich und zu ihrer Forschung an katalytischen Prozessen. Ohne Katalysatoren wäre die Welt eine andere: Es gäbe zum Beispiel kaum Stickstoffdünger für die Landwirtschaft, und die Weltbevölkerung liesse sich schon lange nicht mehr ernähren.

Auch für die Produktion vieler Medikamente sind sie unerlässlich. «Ohne Katalysatoren würden viele chemische Prozesse gar nicht erst ablaufen oder man müsste sehr viel Energie hineinstecken», sagt Delley, die heute Assistenzprofessorin am Departement Chemie der Universität Basel ist.

Bei 80 Prozent aller chemischen Produkte kommen Katalysatoren zum Einsatz. Obwohl sie recht gut funktionieren, gibt es noch viel Luft nach oben. Hier setzt Murielle Delley an: Sie will wirkungsvollere und nachhaltigere Katalysatoren entwickeln. Für ihre zukunftsweisende Forschung auf dem Weg zu einer nachhaltigeren Chemie hat die Nachwuchsforscherin schon zahlreiche Grants, Stipendien und Preise erhalten.

Weg von den seltenen Elementen

«Die heutigen Katalysatoren haben noch viele Nachteile», erklärt Delley. Zum einen sind sie oft nicht spezifisch für eine bestimmte Reaktion – das heisst, es entstehen viele unerwünschte Abfallstoffe, und das Endprodukt muss zusätzlich aufgereinigt werden. Auch brauchen viele chemische Prozesse trotz Unterstützung durch einen Katalysator immer noch viel Zufuhr an Energie, meist in Form von Wärme. Hinzu kommt, dass viele Katalysatoren aus Edelmetallen wie Platin bestehen, deren Vorkommen begrenzt ist. Deshalb nimmt Delley nun eine Gruppe von anderen Materialien genauer unter die Lupe – die sogenannten Übergangsmetall-Phosphide und Übergangsmetall-Sulfide. Diese bestehen neben Phosphor oder Schwefel aus Elementen wie zum Beispiel Eisen, die reichlich auf der Erde vorhanden sind. «Sie sind für uns besonders interessant, weil sie gewisse katalytische Eigenschaften haben, die denen von Edelmetallen ähneln», sagt Delley.

Gezielte Suche statt Ausprobieren

Ihr Team untersucht die katalytischen Prozesse auf der Oberfläche von Übergangsmetall-Phosphiden und Übergangsmetall-Sulfiden. Keine leichte Aufgabe: «Auf so einer Oberfläche laufen gleichzeitig an verschiedenen Stellen unterschiedliche Reaktionen ab», sagt sie. Diese Prozesse sind bis heute nicht verstanden. Und genau das fasziniert sie daran: «Da gibt es noch viel herauszufinden.» Um das Puzzle dieser komplexen Abläufe zu entschlüsseln, wendet sie eine Vielzahl an Techniken an, darunter verschiedene Arten von Mikroskopie und Spektroskopie. Weitere Ideen stammen aus biologischen Systemen, denn auch dort finden katalytische Vorgänge statt. Delley versucht auf innovative Weise, die Tricks der Natur auf der Oberfläche ihrer Katalysatoren nachzuahmen, zum Beispiel durch das Anlegen eines elektrischen Felds.

Bisher beruhte die Entwicklung von neuen Katalysatoren oft auf empirischer Forschung: Man probierte einfach eine Reihe von Substanzen aus und benutzte diejenigen, die am besten funktionierten. «Damit hat man viel erreicht. Aber noch besser wäre es, gezielt vorwärtszugehen», so Delley. «Wenn wir genau wissen, was auf der Oberfläche passiert, können wir einen Katalysator mit genau den gewünschten Eigenschaften designen.» Im Idealfall würde dies die Produktentwicklung beschleunigen, Abfallprodukte reduzieren, Energie sparen und zudem keine seltenen Edelmetalle benötigen.

Als Assistenzprofessorin hat Delley mittlerweile nur noch selten Gelegenheit, selbst Experimente durchzuführen. «Aber ich liefere Ideen, diskutiere die Resultate und plane die nächsten Schritte mit meinem Team. Mein Kerninteresse an der Forschung kann ich so weiterverfolgen.» Ihren Kindheitswunsch – nämlich selbst herauszufinden, wie etwas funktioniert – hat sie sich somit erfüllt.

 

AUS: UNI NOVA - Das Wissenschaftsmagazin der Universität Basel (Text: Yvonne Vahlensieck)

Weiterführende Informationen
Webseite der Forschungsgruppe von Prof. Murielle Delley

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